Samstag, 2. März 2013

Neubaustrecke Wendlingen-Ulm hat nichts mit Stuttgart 21 zu tun

Kann die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm (NBS) auch ohne das Projekt Stuttgart 21 gebaut werden? Die Bahn behauptete vor kurzem, dass dies nicht möglich sei. Das Bundesverkehrsministerium stellt nun klar, dass die NBS ein eigenständiges Projekt ist, das auch ohne Stuttgart 21 gebaut werden kann.

Ein Blick in den Bundesverkehrswegeplan sollte Klarheit bringen. Im aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplan aus dem Jahr 2003 ist die NBS einschließlich ihrer Einbindung in den Bahnknoten Stuttgart verzeichnet, nicht jedoch Stuttgart 21. Die Art der Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart wird hier nicht näher spezifiziert. 


Die NBS sowie deren Einbindung in den Bahnknoten Stuttgart werden also als Bundesaufgabe angesehen. Das impliziert jedoch, dass die Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart nach dem Prinzip der Wirtschaftlichkeit zu erfolgen hat. Stuttgart 21 ist in diesem Sinne keine wirtschaftliche Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart. Folgerichtig bezahlt der Bund Stuttgart 21 nicht. Er gibt jedoch für Stuttgart 21 einen (relativ kleinen) Zuschuss, der sich danach ausrichtet, was eine wirtschaftliche Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart kosten würde.

Wirtschaftliche Varianten der Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart
Es gibt verschiedene Varianten der Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart. Die preiswerteste Variante ist der Anschluss der NBS über die sogenannte Kleine Wendlinger Kurve an die Neckartalbahn über Wendlingen nach Plochingen. Hierbei muss der Bahnknoten Plochingen umgebaut werden, um den Fernzügen eine kreuzungsfreie und schnelle Einfädelung in die Fernzuggleise der Filstalbahn zu ermöglichen.

Andere Varianten der Einbindung der NBS in den Bahnknoten Stuttgart sind ebenfalls möglich. Diese Varianten führen die NBS von Wendlingen mittels eines mehr oder weniger langen Tunnels an einen bestimmten Punkt der Bahnstrecke Stuttgart-Plochingen und umfahren damit den Bahnknoten Plochingen.

Nun wird von den Stuttgart 21-Protagonisten immer wieder gesagt, dass die NBS ohne die Anbindung des Stuttgarter Flughafens nicht wirtschaftlich wäre. Das zeigt zunächst einmal, dass die Wirtschaftlichkeit der NBS tatsächlich ganz arg in Frage zu stehen scheint. Aber auch hier gilt der Bundesverkehrswegeplan. Und dieser Plan sieht eine Anbindung der NBS an den Stuttgarter Flughafen nicht vor. Da die NBS aber Bestandteil des Bundesverkehrswegeplans ist, muss sie auch ohne eine Anbindung an den Flughafen wirtschaftlich sein. Zumindest hat man das bei der Aufstellung des aktuell gültigen Bundesverkehrswegeplans so angenommen.

NBS auch ohne Stuttgart 21, Stuttgart 21 jedoch nicht ohne NBS
Die NBS hat also nichts mit Stuttgart 21 zu tun. Umgekehrt hat Stuttgart 21 jedoch sehr wohl etwas mit der NBS zu tun. Denn ohne die NBS wäre Stuttgart 21 ein Torso. Diese klaren Zusammenhänge hinderten den emeritierten Professor Heimerl ("Erfinder von Stuttgart 21") freilich nicht, in einem Leserbrief genau das Gegenteil zu behaupten (siehe den Post vom 08. Mai 2012 in diesem Blog). Heimerl wollte den Lesern weismachen, dass Stuttgart 21 sehr wohl auch ohne die NBS funktioniere, wogegen die NBS ohne Stuttgart 21 sinnlos sei. Na ja.....

Jetzt gilt es noch einmal ein paar wenige Worte über die Wirtschaftlichkeit der NBS zu verlieren. Die Wirtschaftlichkeit der NBS ist ja recht grenzwertig, der Nutzen-Kosten-Faktor liegt bei den derzeit gültigen Berechnungen nur knapp über eins und er ist viel kleiner als bei vielen anderen wichtigen Bahnprojekten wie z.B. der Rheintalbahn oder der NBS Frankfurt-Mannheim.

Nun werden immer wieder die sogenannten Leichtgüterzüge (auch Phantomgüterzüge genannt) angeführt, die nach Meinung vieler Experten nur dazu da sind, den Nutzen-Kosten-Faktor der NBS über eins zu bringen. Das mag so sein. M.E. gibt es aber einen anderen Sachverhalt, der noch mehr geeignet ist, die Wirtschaftlichkeit der NBS ad absurdum zu führen.

Die Problematik der IRE-Verkehrs auf der NBS
Das Land will ja für die NBS mindestens einen IRE-Zug pro Stunde und Richtung zwischen Stuttgart und Ulm bestellen. Wenn man von zwei ICE-Zügen pro Stunde und Richtung ausgeht, hätte der IRE-Verkehr auf der Neubaustrecke einen Anteil von einem Drittel am gesamten Verkehr. Das ist ein wesentlich größerer Anteil, als er bei allen anderen Hochgeschwindigkeitsstrecken in Deutschland vorhanden ist. 

Es ist anzunehmen, dass die NBS nicht mehr wirtschaftlich ist, wenn man den IRE-Verkehr weglässt. In der Tat ist der über die Regionalisierungsmittel vom Land zu bestellende IRE-Verkehr nicht dazu da, um auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zu fahren und dort dem ICE-Verkehr Konkurrenz zu machen. Zudem sind die knappen Regionalisierungsmittel nicht dazu da, Regionalverkehre auf einer Hochgeschwindigkeitsstrecke fahren zu lassen und damit die Regionalverkehre von den Strecken abzuziehen, wo sie eigentlich fahren sollten. Der Bahnhofsabstand zwischen dem Flughafenbahnhof (Stuttgart 21) bzw. zwischen Wendlingen (ohne Stuttgart 21) und Ulm (dazwischen gibt es keinen weiteren Bahnhof) ist zudem wesentlich größer als dies für den Regionalverkehr üblich ist.

Das Land müsste somit seine Entscheidung, auf der NBS Regionalverkehr fahren zu lassen, revidieren. Fällt jedoch der IRE-Verkehr auf der NBS weg, ist diese Strecke schnell unwirtschaftlich. Dann wäre der Weg frei, für eine in Etappen zu bauende neue Strecke Stuttgart-Ulm, die dem Personenfernverkehr und dem Güterverkehr gleichermaßen dient.                         

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