Freitag, 1. Februar 2013

Alle Plausibilitätsbetrachtungen zeigen: Der S21-Tiefbahnhof ist viel zu klein

Der beim Projekt Stuttgart 21 geplante achtgleisige Tiefbahnhof ist viel zu klein. Das hat jetzt ein Vergleich erneut bestätigt, den die Münchner Verkehrsberatungsgesellschaft VIEREGG-RÖSSLER GmbH durchgeführt hat. Diese neue Plausibilitätsbetrachtung ist auf der Internetseite der SPD-Mitglieder gegen Stuttgart 21 mit Datum vom 31.01.2013 veröffentlicht.

Wir kommen hier gleich auf den neuen Plausibilitätsvergleich zu sprechen. Zunächst einmal ist jedoch festzuhalten, dass es für fundierte Aussagen zur mangelnden Leistungsfähigkeit und zur Unterdimensionierung des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs keineswegs erforderlich ist, sich tagelang durch die Details des von der Bahn durchgeführten sogenannten Stresstests zu arbeiten.

Dr. Engelhardt hat sich dieser Mühe unterzogen und im Stresstest zahlreiche Regelverstöße und Fehler festgestellt. Rechnet man alle Regelverstöße und Fehler aus dem Stresstest heraus, sinkt gemäß den Ergebnisen der Untersuchung von Dr. Engelhardt die Leistungsfähigkeit des Stuttgart 21-Tiefbahnhofs von behaupteten 49 Zügen auf 32 Züge in der Spitzenstunde. Genau diese Zahl erscheint auch in den Planfeststellungsunterlagen zu Stuttgart 21.


Nun habe ich selbst nicht die Geduld, die Disziplin und das Sitzfleisch, mich tagelang mit einer so komplizierten Materie wie dem Stresstest zu Stuttgart 21 zu beschäftigen. Vielen anderen wird es sicher genauso gehen. Man kann jedoch auf wesentlich kürzerem Weg als mit der Analyse des Stresstests ebenfalls zur Erkenntnis gelangen, dass der Stuttgart 21-Tiefbahnhof unterdimensioniert ist und dass er lang nicht so viele Züge abfertigen kann wie versprochen.

Plausibilitätsbetrachtungen führen auch zum Ziel
Dieser kürzere Weg besteht darin, dass man Plausibilitätsbetrachtungen anstellt sowie dass man Vergleiche mit anderen Bahnhöfen durchführt. Auch hier hat Dr. Engelhardt einen Weg aufgezeigt. Dr. Engelhardt hat alle großen Knotenbahnhöfe in Deutschland analysiert. Hierbei hat er festgestellt, dass kein einziger dieser Knotenbahnhöfe mehr als vier Züge pro Spitzenstunde und Bahnsteiggleis abfertigt, auch nicht diejenigen Bahnhöfe, die als überlastet und unpünktlich gelten. Auf den Stuttgart 21-Tiefbahnhof angewandt errechnet sich bei acht Gleisen somit eine maximale Zugzahl von 32 in der Spitzenstunde.

Wir haben in diesem Blog ebenfalls bereits einige Vergleiche angestellt. Im Post vom 08.08.2012 in diesem Blog waren die Hauptbahnhöfe der zehn größten Städte Italiens das Thema. Das Ergebnis des Vergleichs war, dass die Zahl der Bahnsteiggleise der Hauptbahnhöfe in den zehn größten Städten Italiens jeweils doppelt bis ein Vielfaches so groß ist wie die Zahl der Bahnsteiggleise bei Stuttgart 21.

In einem weiteren Vergleich im Post vom 01.11.2012 in diesem Blog wurden die europäischen Metropolregionen mit mehr als fünf Millionen Einwohnern thematisiert. Die Metropolregion Stuttgart gehört zu den größten europäischen Metropolregionen. Sie hat gerade etwas mehr als fünf Millionen Einwohner. Der Vergleich der Bahnsteiggleise hat gezeigt, dass die Metropolregion Stuttgart bei einem Bau von Stuttgart 21 durchschnittlich gerade mal ein Zehntel (!) der Hauptbahnhof-Bahnsteiggleise hätte im Vergleich zu den anderen Metropolregionen.

Gerade hier zeigt sich die Lächerlichkeit, die der Argumentation mancher professioneller Befürworter von Stuttgart 21 innewohnt. Die einschlägig bekannten Kandidaten wie zum Beispiel die IHK Stuttgart, die CDU oder bestimmte Weltfirmen sind ja eigentlich eher dafür bekannt, dass sie sofort aufschreien, wenn Stuttgart in einem Ranking hinter anderen Städten oder Regionen zurückliegt, insbesondere wenn es die Infrastruktur betrifft. Bei Stuttgart 21 scheint dies nicht zu gelten. Diese Herrschaften haben sich augenscheinlich so sehr in das Projekt verrannt, dass es kein Zurück mehr gibt und dass alle Augen vor irgendwelchen Informationen oder Zahlen verschlossen werden.

VIEREGG RÖSSLERS interessanter Vergleich mit China
Kommen wir jetzt aber zu dem neuen Plausibilitätsvergleich von VIEREGG RÖSSLER. Hier werden nun bei den neugebauten Bahnhöfen Chinas die Zahl der Bahnsteiggleise und die Zahl der Zulaufgleise verglichen und zu der entsprechenden Zahl bei Stuttgart 21 in Bezug gesetzt.

Dieser Vergleich ist in zweifacher Hinsicht bemerkenswert. Zunächst einmal könnte man sich fragen, warum VIEREGG RÖSSLER ausgerechnet die neugebauten Großstadtbahnhöfe von China für den Vergleich heranziehen. Darauf könnte man erst mal eine polemische Antwort geben. Von Seiten einiger Stuttgart 21-Protagonisten wurde ja immer wieder China als das große Vorbild dargestellt, indem das dortige System mit der hohen Geschwindigkeit des Baus der Projekte und dem Fehlen von Bürgerprotesten als nachahmenswert dargestellt wurde. Also, so könnte man jetzt antworten, wollen wir die neuen Bahnhöfe in China dann auch mal mit Stuttgart 21 vergleichen.

Ein wichtigerer Aspekt für die Berücksichtigung der neuen chinesischen Bahnhöfe ist jedoch, dass für diesen Vergleich mit Stuttgart 21 tatsächlich neu gebaute Bahnhöfe berücksichtigt werden sollten - und nicht ältere Bahnhöfe, die möglicherweise das eine oder andere Gleis zu viel mit sich herumtragen.

Der zweite Grund, warum der Vergleich von VIEREGG RÖSSLER bemerkenswert ist, besteht darin, dass hier eine neue Kenngröße für die Mindestzahl der erforderlichen Bahnsteiggleise in einem großen Knotenpunktsbahnhof ermittelt wird. Konkret: Die Zahl der Bahnsteiggleise in einem großen Knotenpunktsbahnhof muss um den Faktor X größer sein als die Zahl der Zulaufgleise. 

Stuttgart 21 hat acht Bahnsteiggleise und auf jeder der beiden Seiten des Bahnhofs vier Zulaufgleise. Setzt man die Zahl der Bahnsteiggleise in Bezug zur Zahl der Zulaufgleise auf einer der beiden Seiten des Bahnhofs, ergibt sich jeweils (zweimal) der Faktor zwei.

Bei den neugebauten chinesischen Großstadtbahnhöfen erhält man jedoch andere Faktoren. Dort bewegen sich die entsprechenden Faktoren zwischen 2,83 und 4,67. Nimmt man diese Faktoren als Maßstab für Stuttgart 21, müsste der Tiefbahnhof zwischen 12 und 19 Gleisen haben.

Fazit
Damit gibt es zusätzlich zu den bereits vorhandenen Nachweisen, Plausibilitätsbetrachtungen und Vergleichen einen weiteren wichtigen Hinweis darauf, dass der Tiefbahnhof des Projekts Stuttgart 21 viel zu klein ist. Da eine Erweiterung des Tiefbahnhofs nicht möglich ist, bleibt als einzige Option nur ein sofortiger Stopp des Projekts Stuttgart 21.                       

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