Sonntag, 14. April 2024

Licht und Schatten beim neuen Gäubahn-Fahrplan des Landes Baden-Württemberg

Mit einer Pressemitteilung vom 12.04.2024 hat das Landesverkehrsministerium Baden-Württemberg den neuen Fahrplan für die Gäubahn ab einer Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21 bekanntgemacht.

Wir sehen uns heute hier in diesem Blog einzelne Punkte des Fahrplans an und bewerten diese. Was ist gut? Was ist weniger gut? Was ist schlecht?  

MEX halbstündlich
Der Metropolexpress (MEX) soll halbstündlich von Horb nach Stuttgart fahren. Das ist einerseits gut, andererseits aber auch selbstverständlich. Denn die Marke MEX beinhaltet nun mal den Halbstundentakt als wichtiges Qualitätsmerkmal.
 
Schlecht ist, wenn der Eindruck erweckt wird, dass das halbstündliche Angebot des MEX eine Folge von Stuttgart 21 ist. Mitnichten! Dieses Angebot hätte man längst einrichten können. Es hat mit Stuttgart 21 nichts zu tun.
 
MEX nur bis S-Vaihingen
Die halbstündlichen MEX von Horb sollen nicht bis zum Stuttgarter Hauptbahnhof, sondern nur bis S-Vaihingen fahren. Das ist grottenschlecht. Das geht gar nicht!
 
Die Projektbeteiligten beim Projekt Stuttgart 21 haben entschieden, dass die Anbindung der Gäubahn an den Stuttgarter Hauptbahnhof aus Stuttgart 21 herausgelöst und dem Bund überstellt wird, der einen über 10 Kilometer langen Pfaffensteigtunnel bauen solll. Damit aber hat das Landesverkehrsministerium in Sachen Pfaffensteigtunnel keinerlei Mitspracherecht mehr. Das Land kann auch nicht darauf bauen, dass zu irgendeinem festen Termin der Pfaffensteigtunnel eröffnet wird.

Zur Zeit sieht es ja eher so aus, dass der Pfaffensteigtunnel nicht gebaut wird. Denn es gibt zahlreiche wichtigere Bahnprojekte in Deutschland und die Mittel des Bundeshaushalts nehmen besorgniserregend ab. Das Landesverkehrsministerium muss für die Gäubahn eine Anbindung an den Stuttgarter Hauptbahnhof vorsehen, die nicht nur während eines vieljährigen Provisoriums funktioniert, sondern die auch den Endzustand ohne Pfaffensteigtunnel darstellen kann. Das ist die Führung der Gäubahn über die Stuttgarter Panoramastrecke in einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof.
 
IC-Verkehre bleiben bestehen
Das ist gut. Zur Zeit gibt es ja im zweistündlichen Wechsel einen schnellen IC mit Halt nur in Böblingen, Horb, Rottweil, Tuttlingen und Singen, sowie einen langsamen IC der zwischen Herrenberg und Horb "an jeder Milchkanne" hält.
 
Nachdem nun dort der MEX halbstündlich fahren wird, kann man den bisher langsamen IC zwischen Herrenberg und Horb auch zum schnellen IC machen.
 
Selbstverständlich muss auch der IC zum Stuttgarter Hauptbahnhof weitergeführt werden.
 
Dann gibt es noch den Vorbehalt der Wirtschaftlichkeit. Denn die Bahn kann den IC-Verkehr einstellen, wenn zu wenige Fahrgäste fahren. Und das ist zu befürchten, wenn die IC-Züge in S-Vaihingen enden.

Kuppeln und Trennen in Eutingen im Gäu entfällt
Die Züge von Rottweil und von Freudenstadt sollen in Eutingen im Gäu nicht mehr gekuppelt und getrennt werden. Sie sollen separat nach Stuttgart fahren. Der Zug von Rottweil soll dadurch 12 Minuten schneller unterwegs sein.

Das ist gut. Als Fahrgast der Bahn kennt man die ewigen Wartezeiten des ersten Zugs bei einer solchen Kupplung, sowie das langsame Heranpirschen des zweiten Zugs über viele hundert Meter hinweg. Das Landesverkehrsministerium sollte aber konsequent sein, und sich auch mal die Gleis-Doppelbelegungen im Stuttgart 21-Tiefbahnhof ansehen. Das gehört zur selben Familie. Auch hier gibt es große Zeitverluste. Die Doppelbelegungen sollten durch einen ergänzenden Kopfbahnhof entfallen
 
Die S-Bahnlinie S1 soll stündlich nach Horb fahren
Das geht gar nicht! Sofort aufhören!
 
Die S-Bahn benötigt für die Barrierefreiheit Bahnsteige mit einer Höhe von 96 cm. Diese Bahnsteighöhe ist hinter Herrenberg Richtung Horb nicht vorhanden.
 
Die S-Bahn könnte sich zwischen Herrenberg und Horb auch mit den IC-Zügen in die Quere kommen und dann weitere Verspätungen in das Stuttgarter S-Bahnnetz hineintragen.  

Allein durch den MEX wird das Angebot auf der Gäubahn zwischen Horb und Herrenberg mindestens verdoppelt. Wozu braucht es da noch die S-Bahn? Das wäre erstmal zu viel des Guten.

Überall sonst in Deutschland werden für die S-Bahn separate Gleise gebaut. Nur im Umfeld von Stuttgart 21 meint man, das Gegenteil machen zu müssen. Dafür gibt es jetzt mindestens drei Beispiele.

Wenn das Land BW schon Geld im Überfluss hat, dann sollte es dort Züge bestellen, wo der Fahrgastandrang übergroß ist. Dazu gehört z.B. der RE 5 von Stuttgart nach Ulm. Dieser RE sollte halbstündlich verkehren. 
 
Interessengemeinschaft Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn
Die Pressmitteilung des Landes BW zu den Gäubahn-Verkehren gibt auch bekannt, dass die Interessengemeinschaft Gäu-Neckar-Bodensee-Bahn die Pläne des Landes begrüßt. Das ist dann doch etwas merkwürdig, dass dieser Umstand in der Pressemitteilung genannt wird. Diese Interessengemeinschaft besteht im Wesentlichen aus CDU-Politikern und ihnen nahestehenden Kreisen. Die CDU gilt eigentlich eher als Autofahrer-Partei denn als Bahn-Partei.
 
Wenn das Landesverkehrsministerium schon diese Interessengemeinschaft nennt, sollte es auch andere Institutionen nennen, die die Thematik von Stuttgart 21 und der Gäubahn eher kritisch, aber mit großem Sachverstand betrachten. Das Land wird doch hoffentlich nicht in irgendeiner Form von der Interessengemeinschaft abhängig sein?!

 


Freitag, 12. April 2024

Nach Umzug des Statistischen Landesamts: Stuttgart 21-Rosenstein unnötiger denn je

Am 1. März 2024 ist das Statistische Landesamt Baden-Württemberg von Stuttgart-Süd nach Fellbach umgezogen

Damit haben erneut 650 Arbeitsplätze die Landeshauptstadt Stuttgart verlassen, ein weiterer Aderlass in Stuttgart. Das Projekt Stuttgart 21-Rosenstein wird damit unnötiger denn je.

Ist man heute vor Ort in der Böblinger Straße in Stuttgart-Süd, unmittelbar bei der Stadtbahnhaltestelle Erwin-Schoettle-Platz, sieht man einen großen, nicht mehr genutzten Gebäudekomplex (Schoettle-Areal). An der Außenwand prangt noch ein Transparent, das auf das Statistische Landesamt hinweist. 

In einer Vitrine neben dem Tor zum Gelände wendet sich das Statistische Landesamt unter dem Motto "Wir sind dann mal weg" an die Bevölkerung von Stuttgart-Süd. Seit dem Jahr 1974 residierte das Amt in Stuttgart-Süd. Das Amt lobt das vielfältige gastronomische Angebot und das gute Handels- und Serviceangebot. Die Mitarbeiter werden den liebenswerten Stuttgarter Süden mit Erwin-Schoettle-Platz, Marienplatz, Karlshöhe und der Zahnradbahn vermissen. 

Potenzial für hunderte Wohnungen - aber es wird sich erst mal nichts tun 
Auf dem bisherigen Gelände des Statistischen Landesamts könnte man hunderte Wohnungen bauen. Aber man kann wetten: Über Jahre oder gar Jahrzehnte hinweg wird sich nichts tun. Das ist die Erfahrung in Stuttgart mit ähnlichen Projekten. Das haben wir hier in diesem Blog schon mehrfach thematisiert.
 
Ein paar wenige Beispiele noch einmal: EnBW-Areal beim Stöckach, ehemaliges Autohaus-Areal in der Neckarstraße, ehemaliges WGV-Areal in Stuttgart-West, Allianz-Areale nach dem Umzug nach S-Vaihingen und nicht zu vergessen der ehemalige Güterbahnhof in Bad Cannstatt, auf dessen Gelände es Jahrzehnte dauert, um ein paar Wohnhäuser zu bauen. Und viele andere potenzielle Bauvorhaben mehr.
 
Auch bei den öffentlichen Bauten wie z. B. Konzerthallen usw. tut sich nichts. Der Umbau und die Nachnutzung der Villa Berg lässt nun bereits über ein Jahrzehnt auf sich warten. Die Sanierung der Oper könnte eine Jahrhundertsache bzw. -Katastrophe werden. Es ist hoffungslos. Wie will die Stadt denn unter diesen Umständen in Stuttgart 21-Rosenstein z. B. eine Konzerthallle errichten?
 
Ein Teil von Stuttgart 21-Rosenstein kann auf jeden Fall anderweitig bebaut werden
Stuttgarts OB Nopper will Stuttgart 21 in der reinen Form fertigstellen, weil dann über 5.000 Wohnungen in Stuttgart 21-Rosenstein gebaut werden könnten. Das wäre bei der aktuellen Wohnungsknappheit sehr wichtig - so Nopper.
 
Dabei ist es absolut unwahrscheinlich, dass mit Stuttgart 21-Rosenstein jetzt plötzlich das gelingen sollte, was andernorts in Stuttgart nicht vorangeht. Und Wohnungen könnte man an vielen Stellen der Stadt errichten. Da braucht man Stuttgart 21-Rosenstein nicht.
 
Auch bei Stuttgart 21-Rosenstein sollte das Schwarz-Weiß-Denken so langsam der Vergangenheit angehören. Auch mit einem ergänzenden Kopfbahnhof können Teile von Stuttgart 21-Rosenstein anderweitig bebaut werden, sogar mehr Flächen, als die Stadt nach den bisher gemachten Erfahrungen zu bebauen in absehrbarer Zeit in der Lage ist.
 
Warum besteht OB Nopper bei dieser Gemengelage auf das vollständige Freiräumen von Stuttgart 21-Rosenstein? Meiner Ansicht nach gehört das in die Kategorie "Gesichtswahrung". Viele dieser Gesichtswahrer, dieser Stuttgart 21-Protagonisten der ersten Stunde, sind bereits in den Ruhestand gegangen. OB Nopper steht dies noch bevor. Bis zuletzt scheint dieser OB eine Eins zu eins-Umsetzung des ursprünglichen, aus der Zeit gefallenen Stuttgart 21 zu fordern. Von daher ist jedes Jahr, das Stuttgart 21 später in Betrieb geht, zu begrüßen. Denn es ist zu hoffen, dass in der Legislative und der Exekutive mit jedem Jahr mehr eine neue Generation das Sagen bekommt, eine Generation, die Stuttgart 21 nicht erfunden hat und die ohne lästige Gesichtswahrung über gangbare Wege heraus aus Stuttgart 21 entscheiden kann. 
 
In diesem Bürokomplex in Stuttgart-Süd residierte bis vor kurzem das Statistische Landesamt Baden-Württemberg.

    

Freitag, 5. April 2024

Frankfurter Fernbahntunnel zeigt: Stuttgart 21 ist bereits vollkommen veraltet

Der geplante Frankfurter Fernbahntunnel ist eine fast unerschöpfliche Quelle der Erkenntnis - vor allem im Vergleich mit Stuttgart 21.

Die Zeitung "Frankurter Neue Presse" berichtet in ihrer Internetausgabe vom 08.03.2024, dass der geplante Frankfurter Fernbahntunnel, im Bestreben, für mindestens 100 Jahre sinnvoll betrieben zu werden, auch auf Entwicklungen Rücksicht nimmt, die erst in der Zukunft zu erwarten sind.

Darüber berichtete beim 2. Dialogforum zum Fernbahntunnel Gerd-Dietrich Bolte, der Leiter Infrastrukturprojekte Mitte der Bahn-Infrastruktursparte DB InfraGO AG.

Doppelstock-ICE-Züge erfordern 20 Meter breite Bahnsteige
Noch gibt es in Deutschland keine Doppelstock-ICE. Es sind auch bisher keine Doppelstock-ICE bestellt worden. Und es ist nicht bekannt, ob die Führungsetage der Bahn bereits einen Gedanken an Doppelstock-ICE verschwendet hat.
 
Trotzdem berücksichtigt der Fernbahntunnel in Frankfurt bereits die Doppelstock-ICE. Das ist auch absolut richtig. Denn der Tunnel soll ja 100 Jahre und mehr betrieben werden. Doppelstock-ICE mit ihren 3.300 Fahrgästen pro Zug benötigen aber breitere Bahnsteige. Im zukünftigen Tiefbahnhof des Fernbahntunnels in Frankfurt werden die Bahnsteige 20 Meter breit sein - doppelt so breit wie im Stuttgart 21-Tiefbahnhof. Was für ein Unterschied! 
 
Der Frankfurter Fernbahntunnel berücksichtigt also auch die fernere Zukunft, wie z.B. Doppelstock-ICE, wie z.B. den Deutschlandtakt, wie z.B. Ping-Pong-Verkehre beim Regionalverkehr im Frankfurter Kopfbahnhof.
 
Stuttgart 21 ist nicht zukunftstauglich
Im Gegensatz zum Fernbahntunnel in Frankfurt ist Stuttgart 21 nicht zukunftstauglich und nicht geeignet, den Bahnverkehr der kommenden 100 Jahre zu bewältigen. Das wollen wir hier mit drei Beispiel untermauern.
 
Doppelstock-ICE
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden bei der Planung von Stuttgart 21 Doppelstock-ICE nicht berücksichtigt. Das hätte man bei einem Bauwerk, das die kommenden 100 Jahre funktionieren soll, jedoch machen müssen. Jetzt gibt es im Stuttgart 21-Hauptbahnhof Bahnsteige, die nur 10 Meter breit sind. Das ist gerade mal die Hälfte der beim Fernverkehrstunnel in Frankfurt geplanten Breite. Das wird in der Zukunft Probleme bereiten. Eine Lösung für diesen Punkt ist nur dadurch möglich, dass der Kopfbahnhof in Stuttgart vollkommen erhalten bleibt und einige bisher für den Stuttgart 21-Tiefbahnhof geplanten Züge in den Kopfbahnhof verlegt werden. 
 
Regionalzüge
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde bei der Planung von Stuttgart 21 der in der heutigen Zeit erfolgende Aufschwung beim Regionalverkehr nicht berücksichtigt (Stichwort: MEX). Das hätte man bei einem Bauwerk, das die kommenden 100 Jahre funktionieren soll, jedoch machen müssen. Es sind zu viele Regionalzüge im Stuttgart 21-Tiefbahnhof geplant. Das führt zu Gleis-Doppelbelegungen und zu Einschränkungen beim geplanten Regionalverkehr. Eine Lösung für diesen Punkt ist nur dadurch möglich, dass vor allem die MEX (Metropolexpress-Züge) in den Kopfbahnhof verlegt werden, wo sie im Ping-Pong-Verkehr Verbindungen in alle Richtungen herstellen.    
 
Deutschlandtakt
Mit großer Wahrscheinlichkeit wurde bei der Planung von Stuttgart 21 der Integrale Taktfahrplan (Deutschlandtakt) nicht berücksichtigt. Das hätte man bei einem Bauwerk, das die kommenden 100 Jahre funktionieren soll, jedoch machen müssen. Zwar war der Integrale Taktfahrplan aus der Schweiz im Jahr 1994 bereits bekannt. Die Politk und die Fachleute hielten aber wohl von einem Integralen Taktfahrplan nicht viel. Stuttgart 21 hat nun viel zu wenig Bahnsteiggleise und zu wenig Zulaufgleise, um als Knotenpunkt den Deutschlandtakt richtig abwickeln zu können. Eine Lösung für diesen Punkt ist nur dadurch möglich, dass der Kopfbahnhof und einige Zulaufstrecken zum Kopfbahnhof erhalten bleiben.

Freitag, 29. März 2024

Sanierung und Modernisierung des Stuttgarter Kopfbahnhofs erfordert Teilinbetriebnahme von Stuttgart 21

Zumindest ein Teil von Stuttgart 21 muss in Betrieb gehen, um den Stuttgarter Kopfbahnhof sanieren und modernisieren zu können.

Die Sanierung und Modernisierung des Stuttgarter Kopfbahnhofs ist erforderlich, um die Leistungsfähigkeit, die Betriebsflexibilität (Deutschlandtakt, Ping-Pong-Verkehre) und die Sicherheit (Gleis-Doppelbelegungen, kleine Bahnsteigbreite) des Stuttgarter Hauptbahnhofs sicherzustellen.

Es muss derjenige Teil von Stuttgart 21 vorab in Betrieb gehen, der der vor dem Jahr 1994 geplanten Kombilösung für den Stuttgarter Hauptbahnhof entspricht. Das wäre konkret die Durchmesserlinie, die vom Feuerbacher Tunnel, einem viergleisigen Durchgangsbahnhof und dem Fildertunnel gebildet wird.

Die grundlegende Sanierung und Modernisierung des Stuttgarter Kopfbahnhofs erfordert, dass jeweils zwei Gleise des Kopfbahnhofs über einen Zeitraum von ca. einem Jahr außer Betrieb genommen werden. Bei 16 Gleisen dauert die Sanierung und Modernisierung des Kopfbahnhofs somit mindestens 8 Jahre.

Die Außerbetriebnahme von jeweils zwei Gleisen des Stuttgarter Kopfbahnhofs erfordert, dass eine bestimmte Anzahl von Zügen aus dem Stuttgarter Kopfbahnhof herausgenommen wird. Hier kommt jetzt der Teil "Feuerbacher Tunnel - viergleisiger Durchgangsbahnhof - Fildertunnel" von Stuttgart 21 ins Spiel. Dieser Teil kann die ICE der nationalen Magistrale Frankfurt - Mannheim - Stuttgart - Ulm - Augsburg - München sowie einige weitere, ausgewählte IRE aufnehmen. Das ist die Voraussetzung, damit über einen Zeitraum von acht Jahren der Stuttgarter Kopfbahnhof auch mit nur noch 14 Gleisen auskommt. Später dann, nach den acht Jahren Modernisierungszeit, können der Kopfbahnhof mit seinen 16 Gleisen und der Durchgangsbahnhof von Stuttgart 21 dafür sorgen, dass der Bahnknoten Stuttgart wesentlich mehr Züge als heute aufnehmen kann.

Warum ist die Sanierung und Modernisierung des Stuttgarter Kopfbahnhofs so aufwändig?
Es müssen viele und umfangreiche Baumaßnahmen durchgeführt werden. Ein Teil geht auf das Konto des Sanierungsstaus der letzten Jahrzehnte. Es sind aber auch neue Bauwerke zu erstellen. 

Die früheren Gepäckbahnsteige müssen demontiert werden. Die Personenbahnsteige müssen auf das heute übliche Maß von 11 Metern verbreitert werden. Die Kopfbahnhofgleise werden paarweise zusammengelegt. Das Dach muss neugebaut werden. Es muss ca. 150 Meter von den Prellböcken entfernt eine Fußgängerunterführung gebaut werden. Ggf. ist diese Fußgängerunterführung mit Aufzügen und Fahrtreppen auszurüsten. Der Anschluss des Kopfbahnhofs an den S-Bahnhaltepunkt Hauptbahnhof und an den Stuttgart 21-Durchgangsbahnhof muss für umsteigende Fahrgäste verbessert werden.
 
Die Lage des Kopfbahnhofs
Hätte man den Kombibahnhof aus Kopf- und Durchgangsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof von Anfang an anvisiert, hätte man die Gleise des Kopfbahnhofs über den Stuttgart 21-Tiefbahnhof und damit näher an den Rest-Bonatzbau und näher zur bestehenden Stuttgarter Innenstadt verlegen können. Das scheint aber jetzt nicht mehr möglich zu sein.
 
Die Devise muss deshalb lauten: Wenn der Kopfbahnhof nicht näher an die Stuttgarter Innenstadt gelegt werden kann, muss die Stuttgarter Innenstadt näher an den Kopfbahnhof heranreichen. Das müsste möglich sein. Man denke nur an den Leipziger Hauptbahnhof, unter dessen Querbahnsteig sich ein riesiges Einkaufszentrum befindet. Ähnliches könnte auch in Stuttgart eingerichtet werden.  

Freitag, 22. März 2024

"Ping-Pong-Verkehre" sind die Zukunft für den Stuttgarter Kopfbahnhof

Für die sogenannten "Ping-Pong-Verkehre" ist ein Kopfbahnhof die beste Lösung. 

Das betonte sinngemäß auch der damalige Bahnvorstand Kefer beim Sach- und Faktencheck zu Stuttgart 21 unter Heiner Geißler. Diese Feststellung hatte allerdings keine weitere Folgen. Denn bei Stuttgart 21 waren keine Ping-Pong-Verkehre geplant. Das wurde nicht weiter hinterfragt. 

Was sind Ping-Pong-Verkehre?
Beispiel: Heilbronn - Stuttgart - Heilbronn - Stuttgart - Heilbronn - Stuttgart usw.

Oder: Aalen - Stuttgart - Aalen - Stuttgart - Aalen - Stuttgart usw.

Genauso wie: Pforzheim - Stuttgart - Pforzheim - Stuttgart - Pforzheim - Stuttgart usw.

und viele andere Beispiele mehr. 

Auch die Gäubahn zählt zum Ping-Pong-Verkehr
Wegen der besonderen Umstände zählt auch die gesamte Gäubahn zum Ping-Pong-Verkehr. 
 
Das gilt für die kurze Gäubahn: Horb/Freudenstadt/Nagold - Stuttgart-Hauptbahnhof.
 
Das gilt aber auch für die lange Gäubahn: Singen/Konstanz/Zürich - Stuttgart-Hauptbahnhof. 

Ping-Pong-Verkehre versus durchgebundene Verkehre
Maßgebend für die Wahl zwischen den Ping-Pong-Verkehren und den durchgebundenen Verkehren ist der Anteil der durchfahrenden Fahrgäste an der Gesamtzahl der Fahrgäste in einem Bahnhof.
 
Bei der Infoveranstaltung am 11.10.2022: "Ausblick auf den Regional-Fahrplan nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21" betonte das Landesverkehrsministerium, dass im Stuttgarter Hauptbahnhof der Anteil des Ziel- und Quellverkehrs im Regionalverkehr gegenüber den durchfahrenden Fahrgästen dominiert.
 
Damit ist die Richtung klar, in die der Stuttgarter Hauptbahnhof gehen muss. Ein Teil des Regionalverkehrs muss Ping-Pong-Verkehr sein. Das erfordert einen Kopfbahnhof zusätzlich zum Stuttgart 21-Tiefbahnhof.
 
Das kann man auch noch etwas pointierter darstellen: Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist der Bahnhof in Baden-Württemberg mit den mit Abstand meisten Fahrgästen. Der Stuttgarter Hauptbahnhof ist auch der Bahnhof in BW mit den meisten aus-, ein und umsteigenden Fahrgästen, sowohl absolut als auch prozentual. Damit ist der Stuttgarter Hauptbahnhof derjenige Bahnhhof in BW, der sich mit Abstand am besten für die Aufnahme von Ping-Pong-Verkehren eignet. Es geht im Stuttgarter Hauptbahnhof beim Regionalverkkehr nicht in erster Linie darum, schnell durchgebunden zu werden, sondern darum, zur richtigen Zeit anzukommen und abzufahren, damit Anschlüsse in und aus alle(n) Richtungen gewährleistet sind.
 
Die Fahrgäste steigen im Stuttgarter Hauptbahnhof von einem beliebigen Regionalzug in andere Regionalzüge um, in die Fernzüge, in die S-Bahn, in die Stadtbahn, in die Linienbusse und in die Taxis. Oder sie steigen aus, um zum Beispiel in die Stuttgarter Innenstadt zu gehen. Pro Regionalzug können das bis zu 90 Prozent der Fahrgäste sein.

Durchgebundene Verkehre, lange Standzeiten und Gleis-Doppelbelegungen
Jetzt wird es aber noch interessanter. Bei der schon genannten Informationsveranstaltung vom 11.10.2022 betonte das Landesverkehrsministerium, dass im Stuttgarter Hauptbahnhof Pufferzeiten zur Steigerung der Pünktlichkeit und Robustheit zielführend sind. Und die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg ergänzte, dass die durchgebundenen Regionalzüge längere Standzeiten im Hauptbahnhof aufweisen werden. Das wiederum sei ursächlich für die große Zahl an Gleis-Doppelbelegungen im Hauptbahnhof.
 
Jetzt muss man sich aber doch erst mal setzen. Das ist ja sensationell! Mit der schnellen Durchbindung von Regionalzügen im Stuttgarter Hauptbahnhof wird es also nichts sein. Im Gegenteil werden die Regionalzüge längere Standzeiten aufweisen, damit Verspätungen aus einer Strecke nicht auch noch auf die andere Strecke übertragen werden. Die Durchbindung von Regionalzügen bringt nicht nur für sehr wenige Fahrgäste überhaupt etwas. Der Stuttgart 21-Tiefbahnhof ist dazuhin auch noch unterdimensioniert, weil längere Standzeiten der Regionalzüge auch noch zu Gleis-Doppelbelegungen in größerem Ausmaß führen.
 
Die Lösung des Problems stellen der ergänzende Kopfbahnhof und der Ping-Pong-Verkehr dar. Mit diesen Randbedingungen gibt es keine Verspätungsübertragung von einer Strecke auf die andere. Es stehen zudem genügend Gleise zur Verfügung, so dass es nicht zu Gleis-Doppelbelegungen kommen muss. Die Ankunft und Abfahrt der Ping-Pong-Züge ist zudem so, dass die bestmöglichen Anschlüsse zu anderen Zügen hergestellt werden.      

Die städtebaulichen Aspekte der Ping-Pong-Verkehre
Beim Werben für die Ping-Ping-Verkehre und den ergänzenden Kopfbahnhof darf der städtebauliche Aspekt nicht unerwähnt bleiben.
 
Wir nehmen an, dass der Stuttgart 21-Tiefbahnhof die am Hauptbahnhof durchgebundenen Verkehre übernimmt. Das sind die Fernzüge der Magistrale Frankfurt - Mannheim - Stuttgart - Ulm - Augsburg - München und deren Varianten (Paris - Stuttgart, Saarbrücken - Stuttgart, Heidelberg - Stuttgart und Offenburg - Stuttgart). Dazu kommen noch ganz wenige ausgewählte IRE (im Wesentlichen Heilbronn - Tübingen und Karlsruhe - Ulm).
 
Alles Andere - und das ist sehr viel - wird im Rahmen von Ping-Pong-Verkehren über den Kopfbahnhof abgewickelt. Das heißt dann aber auch, dass es im Kopfbahnhof keine durchgebundenen Züge mehr geben wird. Und das bedeutet, dass man auf Überwerfungen usw. im Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs verzichten kann. Denn die einzelnen Strecken der Ping-Pong-Verkehre überkreuzen sich nicht, sondern laufen parallel zueinander in den Kopfbahnhof ein. Damit lässt sich das Gleisvorfeld des Kopfbahnhofs wesentlich besser städtebaulich integrieren, sowohl in Bezug auf die visuellen Aspekte als auch in Bezug auf den Flächenverbrauch.
 
 

Freitag, 15. März 2024

Fernbahntunnel in Frankfurt: Geht die Bahn so langsam auf Distanz zu Stuttgart 21?

Stuttgart 21 scheint inzwischen selbst von der Bahn als ein Beispiel, wie man es nicht macht, gesehen zu werden.

Darauf zumindest deuten Äußerungen von Gerd-Dietrich Bolte (Leiter Infrastrukturprojekte Region Mitte bei der DB InfraGO AG) hin, über die die Zeitung Frankfurter Rundschau auf ihrer Website mit Datum vom 27.02.2024 berichtete.

Demnach war bei einer Diskussion zum geplanten Frankfurter Fernbahntunnel im Haus am Dom auch Stuttgart 21 ein Thema. Gerd-Dietrich Bolte äußerte sich sinngemäß so, dass der Frankfurter Fernbahntunnel mit Stuttgart 21 nicht vergleichbar ist. Denn - und jetzt heißt es aufpassen - in Frankfurt werden mit dem Fernbahntunnel Zusatzkapazitäten geschaffen und nicht nur der Verkehr weg von der Oberfläche verlagert.

Das ist dann aber doch zwischen den Zeilen ein vernichtendes Urteil zu Stuttgart 21. Der Fernbahntunnel in Frankfurt soll gemäß Bolte bis zu 25 Prozent mehr Kapazität schaffen. Frankfurt soll so zu einem Superknoten an zentraler Stelle im Netz werden. Die Verkehrswende in Deutschland hängt am Frankfurter Fernbahntunnel.

Was kann man daraus für Stuttgart 21 folgern?
Das Projekt ist falsch. Ebenso falsch sind die diskutierten Ergänzungsprojekte, vor allem die unsäglichen Tangentenplanungen sowie der Pfaffensteigtunnel.
 
Inzwischen scheint selbst die Bahn der Auffassung zu sein, dass es bei Stuttgart 21 in erster Linie darum geht, den Verkehr weg von der Oberfläche zu verlagern und weniger darum, Zusatzkapazitäten zu schaffen. Da haben wir wieder die Einschätzung, dass Stuttgart 21 ein Immobilienprojekt und weniger ein Bahnprojekt ist.
 
Was für Frankfurt erforderlich ist, gilt auch für Stuttgart. Auch der Stuttgarter Hauptbahnhof muss ein Superknoten - diesmal an zentraler Stelle (mehr Zentralität geht nicht) des Bundeslandes BW - werden und mehr Kapazität schaffen.
 
Das aber geht nur mit Hilfe eines Ergänzungsbahnhofs beim Hauptbahnhof sowie mit einer weiteren Doppelspur im Nordzulauf.
 
Warum nimmt die Bahn das Heft des Handelns nicht in die Hand?
Wir haben es bei Stuttgart 21 ja mit einem kollektiven Versagen der Politik zu tun - quer durch alle Parteien und sowohl auf lokaler Ebene als auch auf Landesebene.
 
Warum nimmt die Bahn nicht das Heft des Handels in die Hand? Die Bahn braucht nur festzustellen, dass in Stuttgart ein Teil des Kopfbahnhofs erhalten bleiben muss oder ein Ergänzungsbahnhof gebaut werden muss. Da wollen wir mal sehen, ob die Politik dem zu widersprechen wagt. Dieses Thema könnte doch mit dem laufenden Gerichtsprozess zur Sprechklausel von Stuttgart 21 verknüpft werden!

Freitag, 8. März 2024

Stuttgart 21: Schlechte Rahmenbedingungen für die Bahnstrecke Stuttgart - Nürnberg

Die Bahnstrecke Stuttgart - Nürnberg sieht sich beim Projekt Stuttgart 21 schlechten Rahmenbedingungen ausgesetzt. Wesentlich besser wäre es auch für dieses Problem, wenn man einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof baute und von dort Züge in Richtung Nürnberg bzw. Aalen abfahren lässt.

Das sehen wir uns im heutigen Post in diesem Blog näher an.

Was läuft heute?
Heute gibt es beim Fernverkehr einen zweistündlichen IC Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg und zurück. Dieser IC ist der Nachfolger eines IR. Nach der Einstellung des eigenwirtschaftlich gefahrenen Interregio-Verkehrs durch die Bahn wurden einige IR-Linien von den Bundesländern übernommen, die sie durch Regionalverkehrslinien ersetzten. Einige IR-Linien waren aber für die Bahn so wichtig, dass sie sie durch IC-Linien ersetzte. Dazu gehört der IC Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg.
 
Das Land BW hat mit dem IRE 1 Karlsruhe - Stuttgart - Aalen einen Komplementärverkehr zum IC der Bahn bestellt. Der IRE 1 verkehrt ebenfalls zweistündlich. Von Karlsruhe über Stuttgart nach Aalen gibt es somit einen Stundentakt mit schnellen Zügen. 
 
Karlsruhe - Nürnberg: Zukünftig eine Fahrt mit Hindernissen
Unter Stuttgart 21 ist die Verbindung Karlsruhe - Nürnberg über Stuttgart verschiedenen Hindernissen ausgesetzt, die einen Weiterbetrieb dieser Linie fraglich erscheinen lassen.
 
Engstellen gibt es zunächst mal im Stuttgart 21-Hauptbahnhof. Die von Karlsruhe kommenden Züge erreichen den Stuttgart 21-Hauptbahnhof über den Feuerbacher Tunnel und kommen somit an einem der inneren Gleise an. Weiter geht es durch den Untertürkheimer Tunnel. Hierzu müssen die Züge auf eines der äußeren Gleise im Stuttgart 21-Hauptbahnhof wechseln. Es besteht somit hier eine Innen-Außen-Durchbindung, die kapazitätsmindernd ist, weil ein solcher Zug mindestens zwei Fahrstraßen gleichzeitig belegt. In der Gegenrichtung ist eine Außen-Innen-Durchbindung vorhanden.
 
Jetzt geht es aber richtig zur Sache.  Nach dem Verlassen des Untertürkheimer Tunnels findet der IC nach Nürnberg eine mehrere hundert Meter lange eingleisige Strecke vor (die sogenannte Interregio-Kurve). Damit nicht genug. In der Folge gibt es eine höhengleiche Gleiskreuzung mit der alle 5/10-Minuten fahrenden S-Bahn Richtung Waiblingen sowie eine Einfädelung in das Regional-/Fernverkehrsgleis von Bad Cannstatt nach Waiblingen. In der Gegenrichtung ist die Engstellensituation ähnlich.
 
Das Land BW hat bereits auf das Engstellen-Feuerwerk reagiert
Im geplanten Regionalzugfahrplan für Stuttgart 21 verzichtet das Land BW auf die heute vorhandene Durchbindung des schnellen Regionalzugs von Karlsruhe nach Aalen. Sowohl die von Karlsruhe als auch die von Aalen nach Stuttgart kommenden Regionalzüge erhalten jeweils eine andere Durchbindung. Damit ist die Konfiguration von Stuttgart 21 für die Wahl der Durchbindung maßgebend. Eigentlich muss es umgekehrt sein ("form follows function"). 

Der Fernverkehr Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg ist unklar
Im dritten Gutachterentwurf zum Deutschlandtakt ist ein stündlicher schneller Zug der Relation Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg sowie ein stündlicher schneller Zug der Relation Zürich - Stuttgart - Nürnberg vorgesehen. Dies können sowohl eigenwirtschaftlich betriebene Fernverkehre als auch vom Land bestellte schnelle Regionalzüge sein.
 
Die genannte Durchbindung Zürich - Nürnberg wird es in den kommenden Jahrzehnten nicht geben. Die genannte Durchbindung Karlsruhe - Nürnberg könnte an den beschriebenen Engstellenproblemen scheitern. Es ist somit möglich, dass weder die Bahn noch das Land einen Zug für diese Relationen auf die Schiene bringen werden.
 
Die Durchbindung wird überbewertet
Nur in der Relation der Nationalen Magistrale Frankfurt/Main - Mannheim - Stuttgart - Ulm - Augsburg - München ist von den Fahrgastinteressen her eine Durchbindung der Züge zwingend. Bei allen anderen Relationen einschließlich der genannten Relationen von/nach Nürnberg wird der Nutzen einer Durchbindung überschätzt. Bis zu 90 Prozent der Fahrgäste, die in einem beliebigen Zug zum Stuttgarter Hauptbahnhof fahren, steigen dort aus oder um. Die Durchbindung der Züge im Stuttgarter Hauptbahnhof hat somit kaum einen Nutzen. Sie ist in erster Linie der Form von Stuttgart 21 geschuldet, das endende und wendende Züge entweder nicht zulässt oder erschwert.
 
Der Ergänzungsbahnhof ist auch für die Züge Stuttgart - Nürnberg vorteilhaft
Auch für den IC Stuttgart - Nürnberg sowie den IRE Stuttgart - Aalen sowie die MEX Stuttgart - Aalen und Stuttgart - Schwäbisch Hall ist der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof die beste Lösung. Ohne die Probleme der Durchbindung können diese Züge im Ergänzungsbahnhof ein- und ausfahren. Zudem ermöglicht der Ergänzungsbahnhof, dass die Züge auf geradem Wege von und nach Bad Cannstatt fahren - ohne unterirdische Ehrenrunde unter halb Stuttgart.

Freitag, 1. März 2024

Landeshauptstadt Stuttgart - die große Verliererin beim Stuttgart 21-Spiel?

Je nach Ausgang der laufenden Gerichtsverfahren (einschließlich der Revisionen) ist es möglich, dass die Landeshauptstadt Stuttgart zusätzliche Kosten des Projekts Stuttgart 21 in Milliardenhöhe schultern muss.

Wir sehen uns die Rolle der Landeshauptstadt Stuttgart in Sachen Stuttgart 21 heute mal etwas näher an. Irgendwelchen Entscheidungen von Gerichten soll hier in keinster Weise vorgegriffen werden.

Was könnte auf die Landeshauptstadt Stuttgart zukommen?
Ein Eckwert von null Euro zusätzlichen Kosten für die Landeshauptstadt Stuttgart wäre dann gegeben, wenn ein Gericht entschiede, dass der Bauherr (Die Bahn) alle Mehrkosten von Stuttgart 21 übernehmen muss.

Ein anderer Eckwert wäre so zu definieren, dass die Landeshauptstadt Stuttgart alle gegenüber dem Stuttgart 21-Vertrag auftretenden Mehrkosten übernehmen muss. Das wären weit über fünf Milliarden Euro. Stuttgart wäre dann pleite. Dieser Eckwert leitet sich daraus ab, dass sich die Stadtverwaltung Stuttgart sinngemäß so geäußert hat, das sie sich nicht am Projekt Stuttgart 21 beteiligte hätte, wenn die oberirdischen Gleise im Stuttgarter Talkessel nicht aufgelassen würden. Damit aber wird Stuttgart 21 in seiner Eigenschaft als Immobilienprojekt deutlich. Das aber ist ausschließlich Sache der Landeshauptstadt Stuttgart.
 
Eine dritte Variante wäre, dass sich Stuttgart gemäß dem bisherigen Anteil an der Finanzierung des Projekts auch bei den Mehrkosten beteiligen muss. Das wären so ganz grob geschätzt 1,5 Milliarden Euro, die an der Stadt hängenbleiben. Dieser Mittelweg ist gar nicht so unwahrscheinlich. Auch das würde Stuttgart hart treffen. Es müssten dann wohl alle freiwilligen Leistungen der Stadt eingeschränkt oder storniert werden. Stuttgart müsste hohe Schulden aufnehmen.
 
Die Bahnreform - nicht gut für Stuttgart
Stuttgart hat nach der Bahnreform gleich dreimal Pech gehabt. Zum einen kam mit Heinz Dürr ein Manager an die Spitze der Bahn, der kein Bahnfachmann war. Heinz Dürr interessierte sich für den Verkauf von Bahnflächen in größerem Ausmaß. Zum Zweiten stammte Heinz Dürr auch noch aus Stuttgart. Damit wurde der Stuttgarter Hauptbahnhof zum Versuchskaninchen in Sachen Vergoldung der Bahnflächen. Und zum Dritten hatte Dürr gegenüber dem damaligen Ministerpräsidenten Teufel und dem damaligen Stuttgarter OB Rommel - beides ebenfalls keine Bahnfachleute - leichtes Spiel. Beide ließen sich sofort von Stuttgart 21 begeistern.
 
Hätte die Landeshauptstadt Stuttgart die Bruchstellen von Stuttgart 21 erkennen müssen?
Stuttgart 21 weist mindestens zwei Systemfehler bzw. Bruchstellen auf.
 
Eine der Bruchstellen ist die außenseiterhafte Finanzierung des Projekts. Es ist immer ratsam, Projekte von derjenigen Institution finanzieren zu lassen, die dafür auch zuständig ist. Bei den Bahnstrecken und Bahnhöfen wäre dies der Bund. Der Bund wollte aber Stuttgart 21 nicht finanzieren. Sicher hatte und hat der Bund gute Gründe für diese Entscheidung. Die gewählte Finanzierung von Stuttgart 21 als eigenwirtschaftliches Projekt der Bahn bringt nun alle hinlänglich bekannten Probleme mit sich. Es gibt die inzwischen berühmte Sprechklausel, die nun vor Gericht gelandet ist. 
 
Aufgabe von Heinz Dürr und auch der Landeshauptstadt Stuttgart wäre gewesen, beim Bund für die Kombilösung beim Stuttgarter Hauptbahnhof zu werben. Kombilösung bedeutet die Erhaltung und die Modernisierung des Kopfbahnhofs sowie eine neue Durchmesserlinie mit einem viergleisigen Durchgangsbahnhof. Das hätte der Bund sicher nicht bereits im Jahr 1994 finanziert und verwirklicht. Der Bund musste erst mal viel in die neuen Bundesländer investieren. Aber in den Nuller Jahren oder den Zehner Jahren oder den Zwanziger Jahren wäre die Kombilösung in Stuttgart im Bau gewesen. Da ist auch ein wenig Geduld gefragt.
 
Die zweite Bruchstelle ist die minimalistische Ausgestaltung des Projekts als Folge des Zwangs, dass alle oberirdischen Gleise im Stuttgarter Talkessel verschwinden müssen. Die Landeshauptstadt Stuttgart hat ja erklärt, Stuttgart 21 nur dann zu unterstützen, wenn es keine oberirdischen Gleise mehr gibt. Das aber hatte unmittelbare Auswirkungen auf die Konfiguration von Stuttgart 21. Das Projekt musste in der Folge in einer minimalistischen Form ausgeführt werden. Alles andere hätte sich nicht gerechnet.
 
Der Hauptbahnhof erhält nur acht Gleise. Der für 40 Prozent der Verkehrsnachfrage und der Zugzahlen zum/vom Hauptbahnhof zuständige Nordzulauf erhält nur zwei Gleise. Die Führung der Gäubahn über die Gleise der Flughafen-S-Bahn muss als unfahrbar bezeichnet werden. Ebenfalls unfahrbar mit eingleisigem Abschnitt und mehreren höhengleichen Gleiskreuzungen ist die Relation Hauptbahnhof - Untertürkheimer Tunnel - Waiblingen. Bei den Gleisen des Stuttgart 21-Hauptbahnhofs muss teilweise sogar die Doppelbelegung eingeführt werden - und das trotz starker Längsneigung der Gleise. Der Deutschlandtakt (Integraler Taktfahrplan) ist mit Stuttgart 21 zum Scheitern verurteilt - in Bezug auf die zu wenigen Zulaufgleise und in Bezug auf die zu wenigen Bahnsteiggleise.
 
Verschiedene Ergänzungsprojekte musste das Land BW übernehmen, wie die Große Wendlinger Kurve, der Regionalbahnhof Vaihingen und die P-Option. Verschiedene Maßnahmen, um Stuttgart 21 irgendwie zum Laufen zu bringen, wurden dem Bund vor die Türe gekarrt. Das sind z.B. der Digitale Knoten Stuttgart, der Nordzulauftunnel und der Pfaffensteigtunnel.
 
Was hätte die Landeshauptstadt Stuttgart unternehmen müssen?
Die Landeshauptstadt Stuttgart hätte die Hauptbahnhöfe in Europa analysieren müssen dergestalt, ob es irgendwo ein zweites Stuttgart 21 gibt. Das Ergebnis hätte Nein gelautet. In der Folge hätte die Landeshauptstadt Stuttgart ihre Unterschrift unter das Projekt verweigern müssen. Das Projekt wäre damit Projekt geblieben.           
 
Frankfurt am Main ist zu beneiden 
Hier noch kurz als Beispiel ein Bahnprojekt, das so läuft, wie es eigentlich in Deutschland vorgesehen ist.
 
In Frankfurt am Main läuft alles anders als in Stuttgart, will heißen, in Frankfurt am Main läuft alles normal. Vor einigen Monaten betonte der Oberbürgermeister von Frankfurt, dass die Stadt Frankfurt keinen Cent am neuen Fernbahntunnel in Frankfurt zuzahlen muss.

Da hat er Recht. Denn der Frankfurter Fernbahntunnel ist ein Vorhaben im Rahmen der Bundesschienenwege und wird vom Bund finanziert. Es ist im vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 enthalten.

Es gab bereits Einwände, dass die Einwohnerinnen und Einwohner von Frankfurt vom neuen Fernbahntunnel eigentlich gar nichts haben. Das ist allerdings falsch. Denn der neue Fernbahntunnel ermöglicht es, noch mehr Fernzüge über den Frankfurter Hauptbahnhof zu führen.

Viel wichtiger aber ist, dass auch der Regionalverkehr vom Fernbahntunnel profitiert. Denn der Fernbahntunnel macht im Frankfurter Kopfbahnhof mehrere Gleise frei, die bisher dem Fernverkehr dienen. Damit können in Zukunft auch mehr Regionalzüge fahren und die Überlastung des Regionalverkehrssystems in der Region Rhein-Main abmildern.

Das geht aber nur, weil als Folge des Fernbahntunnels kein einziges Gleis im Frankfurter Kopfbahnhof stillgelegt wird. Im Gegenteil: Bald sollen die Bauarbeiten für das neue Gleis 25 des Kopfbahnhofs beginnen.

 

Freitag, 23. Februar 2024

Digitale S-Bahn Hamburg zeigt: Verband Region Stuttgart ist bei ETCS und ATO für die Stuttgarter S-Bahn auf dem Holzweg

Beim Verband Region Stuttgart liebäugelt man nach wie vor damit, mit dem neuen European Control System (ETCS) und der Automatic Train Operation (ATO) zusätzliche Züge auf die heute schon überlastete Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn bringen zu können, z.B. im Rahmen einer neuen S-Bahnlinie von Stuttgart nach Göppingen.

Der Verband Region Stuttgart ist hier auf dem Holzweg. Die Effekte der neuen Zugsicherungssysteme dürfen allenfalls dazu verwendet werden, Verspätungen abzubauen und Energie zu sparen.

Wir haben hier in diesem Blog mehrfach auf die Zweite Stammstrecke der Münchner S-Bahn verwiesen, wo mit den neuen Signalsystemen nach Inbetriebnahme der Zweiten Stammstrecke im Verlauf der Ersten Stammstrecke sogar weniger Züge als heute verkehren sollen.

Heute sehen wir uns mal die S-Bahn in Hamburg an. Im "Magazin der S-Bahn Hamburg" vom 18. Juli 2023 werden die neuen Zugsicherungssysteme ETCS und ATO gegenüber der Hamburger Bevölkerung ausführlich erläutert, genannt "Digitale S-Bahn Hamburg 2.0". 

Aktueller Einschub
Im Rahmen der klammen Haushaltskasse des Bundes gibt es die Möglichkeit, dass sowohl das Zugsicherungsprojekt für die Stuttgarter S-Bahn als auch das Zugsicherungsprojekt für die Hamburger S-Bahn erst mal nicht kofinanziert werden. Das nachfolgend Gesagte ist aber von grundlegender Bedeutung und würde auch bei einer Wiederaufnahme der beiden Projekte in einigen Jahrzehnten gelten.   

Es fällt sofort auf: Von noch mehr Zügen im Verlauf der beiden Hamburger S-Bahn-Stammstrecken ist keine Rede. Dafür spielen andere Punkte bei den neuen Zugsicherungssystemen eine maßgebende Rolle.

Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit
Die neuen Zugsicherungssysteme sollen die Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit der Hamburger S-Bahn erhöhen. 

Energieersparnis
Der automatisierte Fahrbetrieb soll zu einer signifikanten Energieeinsparung bei der Hamburger S-Bahn führen. Der Stromverbrauch soll um 30 Prozent sinken. Halte auf der freien Strecke können zukünftig vermieden werden, weil die Position aller Züge bekannt ist. Notwendige betriebliche Halte werden somit in die Haltepunkte verlagert. Lastspitzen sollen abgebaut werden, indem vermieden wird, dass mehrere Züge in einem bestimmten Bereich gleichzeitig anfahren.

ÖPNV-Weltkongress 2025 (UITP) in Hamburg
Das neue System soll testweise zum ÖPNV-Weltkongress 2025 in Hamburg zum Einsatz kommen.
 
Wann konzentriert sich der Verband Region Stuttgart auf die Hamburger Effekte bei der S-Bahn?
Wann verzichtet der Verband Region Stuttgart endlich auf die Planung einer Führung zusätzlicher Linien im Verlauf der überlasteten Stuttgarter S-Bahn-Stammstrecke und konzentriert sich auf die in Hamburg dargestellten Effekte der neuen Zugsicherungssysteme?
 
Es scheint so, als wolle der Verband Region Stuttgart einen Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof partout verhindern. Daran führt aber kein Weg vorbei, denn zusätzliche S-Bahnzüge (z.B. Express-S-Bahn Kirchheim unter Teck - Stuttgart) gibt es nur mit dem Ergänzungsbahnhof. Und eine Zweite Stammstrecke für die Stuttgarter S-Bahn ist auf absehbare Zeit nicht möglich. 
 
Was in München und Hamburg die Zweite Stammstrecke der S-Bahn ist, stellt in Stuttgart der Ergänzungsbahnhof dar. Die S-Bahn in Frankfurt am Main hat nur eine Stammstrecke. Frankfurt am Main verfügt jedoch über einen großen Kopfbahnhof, in dem eine S-Bahnlinie endet, für die im Verlauf der Stammstrecke kein Platz ist.  

Freitag, 16. Februar 2024

Express-S-Bahn nach Kirchheim unter Teck: Herleitung - Begründung - Bau - Betrieb

Es gibt eine Reihe von Gründen, weshalb zusätzlich zur heute verkehrenden S1 auch noch eine Express-S-Bahnlinie zwischen dem Hauptbahnhof und Kirchheim unter Teck fahren sollte.

Darum geht es heute in diesem Blog.

Die Einwohner und Einwohnerinnen von Kirchheim unter Teck haben ein Recht auf eine schnelle Verbindung zum Hauptbahnhof
Viele Städte in der Region Stuttgart haben neben der S-Bahn auch noch eine schnelle Verbindung zum Stuttgarter Hauptbahnhof in Form des Metropolexpress (MEX), der nicht überall anhält. Kirchheim unter Teck hat beachtliche ca. 42.000 Einwohner und dazu noch ein Hinterland. Kirchheim unter Teck wird aber bisher nur von der S1 bedient. Eine Fahrt mit der S1 von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof dauert 45 Minuten.
 
Das ist viel zu lang. Das geht nicht. Kirchheiim unter Teck hat dasselbe Recht wie die anderen Städte in der Region Stuttgart, dass es nämlich eine schnelle Verbindung zum Hauptbahnhof erhält, schneller als die Fahrt mit der herkömmlichen S-Bahn. Im Falle von Kirchheim unter Teck wird diese schnellere Verbindung mit einer Express-S-Bahn hergestellt.
 
Warum soll nach Kirchheim unter Teck eine Express-S-Bahn fahren und kein MEX?
Es geht darum, dass im Regelfall nur ein Bahnsystem mit seinen Kenndaten zum Einsatz kommen soll. Unterschiedliche Bahnsysteme z.B. mit unterschiedlichen Bahnsteighöhen führen zu unnötigen Kosten, zu längeren Wegen, zu mehr Flächenverbrauch, zu negativen Auswirkungen auf das Stadtbild und die Landschaft oder zu Einschränkungen bei der Barrierefreiheit.
 
Nach Kirchheim unter Teck fährt heute die S-Bahn und nicht der MEX. Dabei sollte es bleiben. Ein schnelles Angebot von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof muss deshalb auf Basis der S-Bahn und nicht des MEX funktionieren.
 
Wo soll die Express-S-Bahn halten?
Die Express-S-Bahn soll ähnlich verkehren wie ein MEX. Innerhalb des Stuttgarter S-Bahnnetzes hält der MEX nur an ausgewählten Bahnhöfen. Das wären dann für die Express-S-Bahn: Kirchheim unter Teck, Wendlingen, Plochingen, Esslingen am Neckar, Bad Cannstatt, Hauptbahnhof (Ergänzungsbahnhof). 
 
Welche Ausbaumaßnahmen sind erforderlich?
Zwischen Wendlingen und Kirchheim unter Teck wird es als Folge der Express-S-Bahn zusätzliche Begegnungsstellen geben. Es ist somit ein teilweiser zweigleisiger Ausbau dieser zur Zeit eingleisigen Strecke erforderlich.
 
Dann ist ein Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof mit Zulauf für die S-Bahn erforderlich. Dieser Ergänzungsbahnhof ist allerdings sowieso und unabhängig von der Express-S-Bahn erforderlich.
 
Warum soll eine Express-S-Bahn von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof auf den Gleisen der S1 fahren?
Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen ist es die Bahnsteighöhe. Die S1 sowie auch die Express-S-Bahn benötigen für die Barrierefreiheit eine Bahnsteighöhe von 96 cm. Das lässt sich am Besten erfüllen, wenn beide Linien dieselben Gleise benutzen und auch an denselben Bahnsteigen halten.
 
Zum Anderen geht es um den Bahnhof Plochingen. Dort werden die beiden Gleise der Filstalbahn und die beiden Gleise der Neckar-Alb-Bahn zusammengeführt. Die beiden Gleispaare laufen dann bis zum Hauptbahnhof nebeneinander her. Die S1 fährt im Zuge der Neckar-Alb-Bahn. Sollte die Express-S-Bahn in Plochingen nun auf die Gleise der Filstalbahn gelenkt werden, entstünden zwei höhengleiche Gleiskreuzungen im Bahnhof Plochingen, die für die Leistungsfähigkeit und Pünktlichkeit des Zugverkehrs negative Auswirkungen haben. Eine Führung der Express-S-Bahn über die Gleise der S1 vermeidet diese höhengleichen Gleiskreuzungen. 
 
Neue höhengleiche Gleiskreuzungen im Bahnhof Plochingen und ihre negativen Auswirkungen
Viele Jahre lang war es in Plochingen so, dass die von Göppingen über die Filstalbahn nach Plochingen kommenden Züge auch im Verlauf der Filstalbahn weiterfuhren. Dasselbe galt für die von Wendlingen über die Neckar-Alb-Bahn nach Plochingen kommenden Züge. Sie fuhren im Verlauf der Neckar-Alb-Bahn weiter
 
Eine erste Änderung dieses Prinzips gab es durch den IRE Stuttgart - Sigmaringen. Dieser Zug fährt vom Hauptbahnhof bis Plochingen auf den Gleisen der Filstalbahn und wechselt dann in Plochingen auf die Gleise der Neckar-Alb-Bahn. Das führt zu zwei höhengleichen Gleiskreuzungen und zu einer Einfädelung.
 
Mit Stuttgart 21 sollen alle Züge der Neckar-Alb-Bahn in Plochingen von der Neckar-Alb-Bahn auf die Filstalbahn wechseln, einerseits, um zwischen Plochingen und dem Hauptbahnhof nicht mehr zusammen mit der S-Bahn fahren zu müssen und andererseits, weil der Stuttgart 21-Tiefbahnhof über die Gleise der Neckar-Alb-Bahn nicht erreichbar ist. Die höhengleichen Gleiskreuzungen in Plochingen nehmen also weiter zu.
 
Der Verband Region Stuttgart strebt an, eine neue S-Bahnlinie vom Hauptbahnhof nach Göppingen und Geislingen zu führen. Diese Linie würde beim Bahnhof Plochingen von der Neckar-Alb-Bahn zur Filstalbahn wechseln müssen. Damit nimmt die Zahl der höhengleichen Gleiskreuzungen und Einfädelungen beim Bahnhof Plochingen weiter zu. Damit würde aber der Verkehr im Bahnhof Plochingen zusammenbrechen. Überwerfungsbauwerke sind bei der gegebenen Situation in Plochingen zwischen Neckar und Straßen mit Talhängen wohl nur sehr schwierig umzusetzen. Der Verband Region Stuttgart sollte deshalb von diesen Plänen einer neuen S-Bahn abrücken. Die Filstalbahn ist und bleibt ausschließlich für den MEX reserviert. Das gilt auch für die Strecke Plochingen - Nürtingen.
 
Die hier thematisierte neue Express-S-Bahn von Kirchheim unter Teck zum Hauptbahnhof verursacht im Bahnhof Plochingen keine weiteren höhengleichen Gleiskreuzungen. Denn sie fährt durchgehend auf den Gleisen der S1 (Neckar-Alb-Bahn).           
 
Das Non-Stop-Angebot Bad Cannstatt - Esslingen kommt zurück
Die neue Express-S-Bahn Hauptbahnhof - Kirchheim unter Teck kann auch einen der zahlreichen Riesenfehler von Stuttgart 21 ein Stück weit heilen. Mit dieser Express-S-Bahn kommt nämlich der Non-Stop-Verkehr Bad Cannstatt - Esslingen, der mit Stuttgart 21 eingestellt wird, zurück.
 
Es gibt ja heute vier Non-Stop-Fahrten pro Stunde und Richtung zwischen Bad Cannstatt und Esslingen. Das sind zwei Fahrten des MEX Stuttgart - Geislingen an der Steige sowie zwei Fahrten des MEX Stuttgart - Tübingen.
 
Stuttgart 21 setzt nun dem wichtigen Bahnhof Bad Cannstatt arg zu. Mit Stuttgart 21 wird es keine einzige Non-Stop-Fahrt zwischen Bad Cannstatt und Esslingen mehr geben. Es wird Verbindungen zwischen dem Hauptbahnhof und Esslingen über den Untertürkheimer Tunnel geben. Diese Fahrten fahren aber an Bad Cannstatt vorbei. Und es wird eine Linie geben, die in Bad Cannstatt startet und dann eine Ehrenrunde über den Hauptbahnhof und den Untertürkheimer Tunnel nach Esslingen dreht.
 
Die neue, halbstündlich verkehrende Express-S-Bahn Hauptbahnhof - Kirchheim unter Teck bringt nun diese Non-Stop-Fahrten wenigstens ein Stück weit zurück. Diese Express-S-Bahn erfüllt somit außer der schnellen Anbindung von Kirchheim unter Teck an den Hauptbahnhof eine weitere wichtige Funktion im Bereich des Neckartals. 
 
Der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof
Kurz vorweg: Ob der Ergänzungsbahnhof beim Stuttgarter Hauptbahnhof dadurch zustandekommt, dass man einen Teil des bestehenden Kopfbahnhofs erhält und modernisiert oder ob er dadurch zustandekommt, dass man einen neuen Kopfbahnhof baut, ist erst mal sekundär.
 
Primär ist, dass die Express-S-Bahn von Kirchheim unter Teck zum Stuttgarter Hauptbahnhof in einem Ergänzungsbahnhof endet. Wir haben ja in der Region Stuttgart zwei Bahnsysteme, was die Bahnsteighöhe betrifft. Einmal ist dies die S-Bahn mit der Bahnsteighöhe von 96 cm. Und zum Zweiten sind dies die anderen Züge mit einer Bahnsteighöhe von 76 cm oder geringer. Der Ergänzungsbahnhof muss für beide Systeme Kapazitäten bereithalten. Es muss im Ergänzungsbahnhof also Bahnsteige mit einer Höhe von 96 cm und Bahnsteige mit einer Höhe von 76 cm geben.
 
Was die neue Express-S-Bahn betrifft, so ist für diese Linie weder in der Stammstrecke der Stuttgarter S-Bahn noch im Stuttgart 21-Tiefbahnhof Platz. An einer Führung dieser Linie in den Ergänzungsbahnhof führt deshalb kein Weg vorbei.