Montag, 7. Februar 2011

Der Werbe-Rohrkrepierer der CDU, Teil 9 und Schluss

In einer an viele Haushalte verteilten Broschüre hat die CDU versucht, das Konzept K21 schlechtzureden. Ich glaube, man kann mit Fug und Recht sagen, diese Broschüre der CDU war ein Rohrkrepierer. Keine einzige der gegen K21 aufgestellten Kanonen hat gezündet, ja mehr noch, diese Kanonen sind alle nach hinten losgegangen. 

Mit acht in der CDU-Broschüre vorgebrachten Punkten haben wir uns bisher beschäftigt. Heute ist als letztes noch der Punkt zwei an der Reihe. Und was ist mit dem Punkt zehn? Nun, der Punkt zehn ist kein eigenständiger Punkt. In ihm werden nur die in den anderen Punkten aufgestellten leeren Behauptungen noch einmal zusammengefasst. Und deshalb brauchen wir uns mit dem Punkt zehn hier nicht mehr zu beschäftigen.

Der Titel des Punkts zwei ist "Stuttgarter Innenstadt".



Beim Konzept K21 würde, so stellt die CDU fest, die Trennung der Stadtbezirke Nord und Ost durch die Gleisstränge nicht aufgehoben. Beim Lesen dieses Satzes fiel mir sofort der berühmtgewordene Ausspruch von Willy Brandt ein, den er kurz vor der Wiedervereinigung Deutschlands sagte: "Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört". Aber Spaß beiseite. Als geborener Stuttgarter und als jemand, der die meiste Zeit seines bisherigen Lebens in Stuttgart verbracht hat, war mir bisher gar nicht bewusst, dass die Stadtbezirke Nord und Ost so nachteilig getrennt sind. Habe ich da irgendetwas verpasst?

Mir ist auch nicht bekannt, dass es in den örtlichen Tageszeitungen in den vergangenen Jahrzehnten Leserbriefe gegeben hätte, die die Trennung von S-Nord und S-Ost beklagen. Auch bei den zahlreichen Sitzungen der Bezirksbeiräte und bei den Bürgerversammlungen in den betroffenen Stadtbezirken ist dieses Thema eigentlich nie zur Sprache gekommen. Das Thema wurde auch in den Wahlkämpfen der vergangenen Jahrzehnte nie angesprochen.

Könnte es vielleicht sein, dass die sogenannte Trennung von S-Ost und S-Nord tatsächlich gar kein Thema und kein Problem in dieser Stadt ist? Ist es vielleicht nicht vielmehr so, dass Stuttgart 21 "Probleme löst, die es gar nicht gibt"? (Zitat von Klaus Arnoldi, VCD) Und würde das Projekt Stuttgart 21 umgesetzt, wären die Stadtbezirke Nord und Ost trotzdem getrennt, nämlich durch einen Park. Wer will nachts schon durch einen Park gehen?

Aber es geht noch weiter. Tatsächlich ist Stuttgart fragmentiert wie kaum eine andere Stadt Deutschlands. Durch unsägliche Verkehrsbauwerke und eine falsche Stadtplanung ist die Innenstadt weitgehend von den angrenzenden Stadtquartieren abgetrennt. Die einzelnen Stadtbezirke sind weitgehend nicht miteinander verbunden - und daran ist keineswegs nur die besondere Topographie schuld. 

Selbstverständlich sind die großen Verkehrs- und Städtebausünden der Vergangenheit auch dem Zeitgeist geschuldet. Aber die Auto-Partei CDU hat an diesen Missständen einen größeren Anteil als die anderen Parteien. Somit wird klar, was dieses Gerede von der Trennung der Bezirke Nord und Ost durch die Bahn wirklich ist. Es ist nichts anderes als ein schlau eingefädeltes Ablenkungsmanöver. Die Aufmerksamkeit soll von den Fehlern der autogerechten Stadt weggelenkt werden auf die angeblich böse Bahn, die die Stadtbezirke Ost und Nord trennt.

Dann kommt wieder das Märchen von der Parkerweiterung. Bei K21 würden erheblich weniger Flächen für Städtebau und Parkerweiterung frei - so die CDU. Nun hat man glaube ich während des Sach- und Faktenchecks genügend oft dargelegt, dass bei K21 mindestens 75 Prozent der Flächen für Städtebau und Parkerweiterung freiwerden, die bei S21 freiwürden. Und diese Flächen könnten bei K21 bereits in den kommenden 10 Jahren ihrem neuen Zweck zugeführt werden - und nicht erst in 20 Jahren wie beim Projekt Stuttgart 21.

Mit keinem Wort erwähnt wird in der CDU-Broschüre, dass beim Projekt Stuttgart 21 der Mittlere Schlossgarten an zentraler Stelle der Innenstadt durch eine 100 Meter breite Schneise zerstört würde, einem Reptilienrücken aus Beton und Glasaugen, der sechs bis 10 Meter über die Oberfläche hinausragt. Und kein Wort dazu, dass dieser verheerende Eingriff in die Parkanlagen durch eine eventuelle Parkerweiterung nicht wettgemacht werden kann. Beim Projekt K21 ist die Parkerweiterung dagegen eine echte Erweiterung und nicht nur der Versuch der Kompensation einer Zerstörung.

Dann wird weiter gegen K21 gehetzt. Die freiwerdenden Flächen wären komplett von Gleisen umgeben. Dort wolle niemand wohnen. Bei einem kurzen Blick auf einen Plan wird schnell klar, dass die CDU-Behauptung komplett falsch ist. Das A1-Gebiet grenzt bei K21 nur auf der Südostseite an Gleisflächen. Auf den übrigen Seiten sind lärmende Hauptverkehrsstraßen. Darin unterscheiden sich K21 und S21 nicht. Das Gebiet B zwischen den Gleisen würde bei K21 komplett für die Erweiterung des Rosensteinparks genutzt. Das Gebiet C1 ist nur auf der Nordwestseite von der Gäubahn begrenzt - übrigens ist es dies auch bei Stuttgart 21, denn nach dem Schlichterspruch bliebe die Gäubahn ja erhalten. Das Gebiet C2 ist bei K21 nur auf der Nordostseite von den Gleisen begrenzt, denn die Übereckverbindung der Gäubahn in Richtung Feuerbach fiele ja auch bei K21 weg. Und das Gebiet C2 ist auch beim Projekt Stuttgart 21 auf der Nordostseite von Gleisen begrenzt. Dort fährt nämlich die S-Bahn.

Im Übrigen wurde ja während der Internationalen Gartenbauaustellung IGA 93 ein Modellprojekt des Städtebaus umgesetzt mit dem Titel: Wohnen an Gleisen. Diese bei der S-Bahnhaltestelle Nordbahnhof gelegenen Häuser erfreuen sich als Wohnort großer Beliebtheit. Wieder zeigt sich bei der CDU-Argumentation, dass mit dem Bahn-Thema nur von der verfahrenen Autosituation abgelenkt werden soll. Denn diese Frage könnte man sich wohl stellen: Wer will an den zahlreichen Hauptverkehrsstraßen und Autoschneisen schon wohnen? 

Für Stuttgart 21 werden in der CDU-Broschüre die nun schon mehrfach angesprochene sogenannte Parkerweiterung und das sogenannte komplett neue Stadtviertel angesprochen. Ich will mich nicht ständig wiederholen, deshalb nur noch in Stichworten: das neue Stadtviertel wird frühestens 2060 fertig, der Beginn des Wohnungsbaus im neuen Stadtviertel wird bei Stuttgart 21 erst dann sein, wenn die Nachfrage nach neuen Wohnungen stark zurückgeht, bei K21 könnten, falls Bedarf besteht, fast genausoviele Wohnungen gebaut werden und das ab sofort.  

Und dann heißt es noch: Der Zuglärm, der die Stuttgarter Innenstadt belastet, gehört der Vergangenheit an (bei Stuttgart 21). Soll man bei diesem Statement jetzt laut loslachen oder sich auf den Bauch legen und mit den Händen auf den Boden trommeln? Wenn ich mich durch die Stadt bewege oder von den Hängen auf die Stadt herabblicke, höre ich komischerwiese nur Autolärm. Aber vielleicht habe ich auch Halluzinationen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Hinweis: Nur ein Mitglied dieses Blogs kann Kommentare posten.