Freitag, 17. September 2010

Torschlusspanik bei den Stuttgart 21 - Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat

Ein Anzeichen von Torschlusspanik angesichts der Massenproteste gegen Stuttgart 21 ist der gemeinsame Auftritt der Gemeinderatsfraktionen von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern im Amtsblatt der Stadt Stuttgart Nr. 37 vom 16.09.2010.

Das Amtsblatt der Stadt Stuttgart stellt in jeder Ausgabe eine Druckseite für Mitteilungen der Fraktionen des Gemeinderats zur Verfügung. Dies ist für die einzelnen Fraktionen eine Gelegenheit, ihre Sicht zu einem bestimmten Thema darzustellen. Bisher ist es keiner Fraktion eingefallen, auf ihr Recht zu einer eigenständigen Mitteilung zu verzichten und sich mit anderen Fraktionen zusammenzutun.

Nun veröffentlichen also die Fraktionen von CDU, SPD, FDP und Freien Wählern zum ersten Mal eine gemeinsame Stellungnahme.



Die Überschrift lautet: "K 21  - eine kritische Auseinandersetzung".

Im Text wird auf verschiedene Alternativen zu Stuttgart 21 eingegangen, die einen Ausbau des Bahnknotens Stuttgart auf der Basis des bestehenden Kopfbahnhofs zum Inhalt haben. Als roter Faden zieht sich durch die Argumentation, dass diese Alternativen im Lauf der vergangenen Jahre immer wieder verändert worden sind. Daraus wird die Schlussfolgerung gezogen, dass diese Alternativen nichts taugen.

Deutlicher hätten die Stuttgart 21 befürwortenden Parteien nicht sagen können, dass sie die Grundzüge von Stuttgart 21 sowie der Alternativen dazu nicht verstehen.

Stuttgart 21 ist ein Alles oder Nichts - Projekt, das erst nach Abschluss der 15 jährigen Bauzeit verkehrswirksam in Betrieb gehen kann. Zudem ist Stuttgart 21 auch noch von der Fertigstellung der Neubaustrecke Wendlingen - Ulm abhängig. Stuttgart 21 ist damit ein zutiefst undemokratisches Projekt. Denn die Politiker von 3 bis 4 nachfolgenden Legislaturperioden können an diesem Projekt keine Veränderungen mehr vornehmen. Und nach der Fertigstellung müssen mehrere Generationen mit diesem Projekt und seinen Nachteilen leben.

Ganz anders verhält es sich bei K 21 oder wie auch immer man die Alternativen zu Stuttgart 21 bezeichnen mag. Dieses Projekt ist etappierbar, es besteht aus einzelnen Mosaiksteinen, die jeweils für sich genommen verkehrswirksam in Betrieb gehen können. Auch die Reihenfolge der einzelnen Maßnahmen steht nicht unverrückbar fest. Vielmehr können die Ausbaumaßnahmen jeweils an die aktuellen Randbedingungen sowie an neue Erkenntnisse angepasst werden. Auch nachfolgende Legislaturperioden und nachfolgende Generationen haben bei K 21 noch einen Gestaltungsspielraum.

Vor diesem Hintergrund sind auch die in den letzten Jahren erfolgten Änderungen bei K 21 absolut logisch. Ein Projekt wie K 21 kann immer wieder an aktuelle Erkenntnisse angepasst werden.

Weiter wird im Artikel angekündigt, dass die Gesamtprojektleiter des neuen Wiener Hauptbahnhofs sowie der neuen Zürcher Durchmesserlinie für den 12.10.2010 nach Stuttgart eingeladen worden sind, um über diese Projekte zu berichten. In diesem Blog sind beide Projekte bereits zur Sprache gekommen (Wien am 01.09.10 und Zürich am 05.09.10 sowie am 06.09.10). Hierbei wurde klar, dass beide Projekte nicht als Argument pro Stuttgart 21 taugen, sondern vielmehr sogar eher der Alternative K 21 ähneln.

Ich gebe hier meiner Hoffnung Ausdruck, dass sich die Vertreter aus Wien und aus Zürich nicht als Referenzen für Stuttgart 21 missbrauchen lassen. Man sollte beide Stellen vorher kurz über die Hintergründe hier in Stuttgart in Kenntnis setzen.

Damit ist der Artikel im Amtsblatt aber noch nicht beendet. Noch einmal zeigen die Parteien, dass sie von der Bahn kaum eine Ahnung haben und eigentlich Autofahrerparteien sind. Es heißt wörtlich: "Bei der Wahl der Verkehrsmittel ist die Reisezeit das wichtigste Kriterium. Soll der Fernverkehr kampflos dem Auto und dem Flugzeug überlassen werden?"

Na so was. Fachleute wissen längst, dass eine akttraktive Flächenbahn, wie es sie zum Beispiel in der Schweiz gibt, wesentlich mehr Verkehr anzieht, als eine Bahn, die wie in Deutschland auf den Bau weniger Neubaustrecken setzt und dem Flugzeug trotzdem erfolglos hinterherhechelt.

Aber das dürfte ein wenig erfolgversprechendes Unterfangen sein, wollte man diese Sachverhalte den Stuttgart 21 - Parteien verklickern.     

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