Dienstag, 28. September 2010

Betriebliche Probleme ermöglichen nur Zwei-Stunden-Takt auf Ersatz-Regionallinie nach Nürnberg


Im gestrigen Post war die bestehende Intercityverbindung Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg das Thema. Diese Intercitylinie wird es mit Stuttgart 21 nicht mehr geben. Bei der Verbindung Stuttgart  - Nürnberg muss das Land für die wegfallenden IC in die Bresche springen und als Ersatz eine Regionallinie bestellen.

Die als Ersatz für die wegfallenden IC geplante Regionallinie soll nur im unattraktiven Zweistundentakt verkehren. Maßgebend hierfür sind neben dem finanziellen Aspekt auch betriebliche Probleme bei dieser Linie.

Sehen wir uns die Betriebssituation einer Regionallinie Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg beim Projekt Stuttgart 21 einmal näher an. 

Die von Karlsruhe kommenden Züge fahren von Nordwesten her in den Durchgangsbahnhof des Projekts Stuttgart 21 ein. Für die Weiterfahrt in Richtung Nürnberg müssen diese Züge nach Südosten aus dem Durchgangsbahnhof ausfahren. Eine Ausfahrt in Richtung Bad Cannstatt und weiter nach Nürnberg wäre auch nach Nordwesten aus dem Durchgangsbahnhof möglich. Dann jedoch müssten die Züge der Relation Karlsruhe - Stuttgart - Nürnberg im Durchgangsbahnhof wenden. Das ist wegen der wenigen Gleise und der betrieblichen Engpässe im Durchgangsbahnhof jedoch kaum praktikabel.

Die Züge von Karlsruhe nach Nürnberg fahren also nach Südosten aus und in einem Tunnel unter der Uhlandshöhe, unter Stuttgart-Ost, unter Stuttgart-Wangen, unter dem Neckar und unter Teilen von Stuttgart-Untertürkheim hindurch. Im Bereich des Güterbahnhofs Untertürkheim kommen diese Züge wieder ans Tageslicht, jetzt mit Richtung Nordnordwest. Dann zweigen sie nach rechts von der Güterumgehungsbahn Stuttgart ab und erreichen nach einer engen Rechtskurve die Strecke nach Nürnberg zwischen dem Bahnhof Bad Cannstatt und dem S-Bahnhaltepunkt Nürnberger Straße.

Wie sieht nun die betriebliche Situation im Bereich dieser Kurve zwischen Untertürkheim und der Strecke nach Nürnberg genau aus? 

Diese Kurve ist eingleisig vorgesehen. Das heißt, die Züge der beiden Fahrtrichtungen können sich dort nicht begegnen. Es gibt weitere Einschränkungen. Die Züge der Fahrtrichtung Nürnberg müssen das Gleis der S-Bahn der Fahrtrichtung Waiblingen kreuzen, um auf das für den Regionalverkehr vorgesehene Gleis zu kommen. Die S-Bahn auf diesem Gleis fährt im Berufsverkehr zwei mal alle 15 Minuten. Dann müssen die Züge auf das von Bad Cannstatt kommende Gleis des Regionalverkehrs einfädeln und eventuell von dort kommende Züge beachten.

Noch größer sind die betrieblichen Einschränkungen für die Züge der Gegenrichtung (Nürnberg - Stuttgart - Karlsruhe). 

Diese Züge verlassen die Strecke von Waiblingen nach links in Richtung Untertürkheim. Hierzu müssen sie zunächst einmal das Gleis für den Regionalzugverkehr der Gegenrichtung kreuzen. Dann müssen sie das Gleis der S-Bahn der Fahrtrichtung Waiblingen kreuzen. Und dann ist der gesamte Abbiegevorgang einschließlich der Kurve bis Untertürkheim auch für diese Züge eingleisig.

Wenn einer der zahlreichen hier beteiligten Züge auch nur ein wenig Verspätung hat, entstehen für kreuzende Züge sofort Folgeverspätungen in nicht unbeträchtlicher Höhe. Auch ohne Verspätungen ermöglichen diese betrieblichen Einschränkungen nur einen sehr schwachen Fahrplan, eben den bereits genannten Zweistundentakt.

Gegenüber dem heutigen Zustand kommt als weiterer Nachteil die längere Fahrtstrecke zwischen dem Stuttgarter Hauptbahnhof und der Strecke nach Waiblingen hinzu. Heute beträgt die Entfernung zwischen dem Prellbock des Stuttgarter Hauptbahnhofs und dem Beginn des S-Bahnhaltepunkts Nürnberger Straße 5,9 Kilometer. Zukünfig wird die Entfernung zwischen dem Nordwestende des Durchgangsbahnhofs und dem Beginn des S-Bahnhaltepunkts Nürnberger Straße 8,0 Kilometer betragen, bei Führung der Strecke zum größeren Teil im Tunnel.

Bahnstrecke zwischen S-Bad Cannstatt und Waiblingen beim S-Bahnhaltepunkt Nürnberger Straße, Blick Richtung Bad Cannstatt: diese Strecke ist viergleisig, die beiden äußeren Gleise dienen der S-Bahn, die beiden inneren Gleise dienen dem Regionalverkehr, dem Fernverkehr und in geringem Maß dem Güterverkehr. Die aus Richtung Nürnberg kommenden und nach Karlsruhe weiterfahrenden Regionalzüge (zweites Gleis von rechts) müssen beim Projekt Stuttgart 21 über die Weichenverbindung im Vordergrund zunächst auf das Gegengleis des Regionalverkehrs wechseln. Dann wechseln sie mit einer weiteren Weichenverbindung im Hintergrund auf das Gegengleis der S-bahn. Darauf biegen sie mit einer eingleisigen Strecke für Richtung und Gegenrichtung nach links ab in Richtung Untertürkheim.
Fazit: das Projekt Stuttgart 21 bedeutet nicht nur das Ende des Fernverkehrs der Bahn nach Nürnberg. Es erschwert auch noch den Ersatzverkehr mit Regionalzügen durch längere, teilweise im Tunnel verlaufende und damit teurere Streckenverläufe, durch Gleiskreuzungen und eingleisige Strecken.

Da erscheint es nur logisch, dass die Betreiber von Stuttgart 21 stets nur die Fernverbindung Karlsruhe / Mannheim - Stuttgart - Ulm erwähnen. Alle anderen Strecken und Verbindungen, die durch Stuttgart 21 mehr Nachteile als Vorteile erfahren, werden totgeschwiegen.     

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